1133, die Zahl der Träume
12. Dezember 2018, von deichschaaf
Eine kurze Hommage an die schönste Bibliothek der ganzen Uni
1133. Das war die Zahl der Träume. Sie fand sich an der Tür zum Raum 1133 des Philosophenturms. Hinter der Tür, die nicht allzu oft geöffnet war, verbarg sich die schönste Bibliothek der ganzen Uni. Gut, es war keine ganze Bibliothek. Es war nur ein Teilbereich einer Fachbibliothek, die über wer weiß wie viele verschiedene Etagen und Räume aufgeteilt war. Hinter der Tür: Links ein kleiner Tresen, rechts eine kleine Garderobe und ein kleiner Durchgang in die Welt der Bücher. Graue Metallregale, ein paar Aluleitern, ein paar Arbeitsplätze, aber vor allem: Eine Treppe.
Eine schmale Wendeltreppe nach oben. Und oben war kaum jemand. Nur ganz selten. Dort wartete ein ganzer Bibliotheksraum auf einen, voll mit Zeitschriften und Abschlussarbeiten, die gelesen werden wollten. Aber deswegen kam man nicht hierher. Das war es nicht, was diesen Ort so besonders machte. Es war der Ausblick: Eine lange Fensterfront nach Süden. Ganz ohne Panoramafenster hatte man das Gefühl, die Stadt läge einem zu Füßen.
Die Stadt mit ihren Millionen Einwohnern, ihrem Hafen, ihren Häusern, Bäumen und Straßen, ihren Parks und ihrer Elbe. Im Winter wollten tausende Lichter unter tiefem, dunklen Himmel entdeckt werden, Bürogebäude, der Fernsehturm, das Dom-Riesenrad und die Hafenkräne. Und im Sommer waren da Wolkengemälde auf hellem Blau, Campusleben im Von-Melle-Park und die Fontäne auf der Binnenalster. Bei Sturm konnte man dem Wind zusehen, wie er die Wolken peitschte, und den Regentropfen, wie sie an den Fensterscheiben entlangliefen.
Dieser Raum mit diesem Ausblick war ein Geschenk. Das war kein Ort zum Lesen, kein Ort zum Lernen. Es war ein Ort zum Innehalten, zum Pausemachen, zum Stillegenießen – kurz: zum Träumen.
„Mittlere und Neuere Geschichte / Zeitschriften“, lautete die profane Beschriftung an der Tür. Aber eigentlich war das gelogen. Denn dahinter warteten zwar Bücher, die irgendwer irgendwann vielleicht mal gelesen hatte, aber eigentlich hätte „Pausenraum“ an der Tür stehen müssen. Denn 1133, das war die Zahl der Träume.
Alles Gute, auf die nächsten hundert Jahre, vielleicht ja dann mit Ausfinanzierung.
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