
Die 100 großen Fragen des LebensFrage 7: Sind Bücher bald Denkmäler der Vergangenheit?Auszug aus dem Interview von Yvonne Weiß/Hamburger Abendblatt
9. April 2018, von Online-Dienste

Foto: Marc Sandten/Hamburger Abendblatt
E-Book oder Hardcover? Prof. Dr. Gabriele Beger, Direktorin der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, und Prof. Dr. Michel Clement vom Institut für Marketing und Medien der Universität Hamburg im Gespräch über Digitalisierung.
Beide lieben sie Krimis und sortieren ihre Bücher thematisch, nicht alphabetisch. Einen Roman neben ein juristisches Werk zu stellen, das käme für Prof. Dr. Gabriele Beger (65) nicht infrage. Bei Prof. Dr. Michel Clement (46) ordnet seine Tochter die Bücher im Regal ganz gerne nach Farben – und damit sind wir schon mitten im Thema: Verkommt das literarische Werk zum Einrichtungsgegenstand?
Wie viele Meter misst bei Ihnen zu Hause das Bücherregal?
Prof. Dr. Gabriele Beger: Das sind sehr, sehr viele Meter. Meine Räume sind vier Meter hoch, und die Bücher reichen bis unter die Decke. 30 Bücher passen auf einen Meter, da muss ich einmal kurz rechnen ...
Prof. Dr. Michel Clement: Ich bin gerade umgezogen, seitdem ist meine Bücheranzahl dramatisch geschrumpft, die meisten Werke habe ich in der Cloud.
Auch wenn wir von Regalen sprechen: Das Buch verkommt bisher zum Glück nicht zum Wohnaccessoire. Im Jahr 2017 gab es rund zwölf Millionen Personen in Deutschland, die mehrmals wöchentlich ein Buch zur Hand nahmen.
Clement: Der physische Markt ist in Deutschland noch stark, aber wie auch in allen anderen westlichen Ländern sind die Wachstumsraten des E-Books extrem groß – in den USA beträgt der Anteil der E-Books in bestimmten Bereichen schon 50 Prozent. Insofern glaube ich, dass das physische Buch dramatisch unter Druck kommt und somit der stationäre Buchhandel. Schauen Sie sich doch mal bei Thalia um, da stehen jetzt schon immer weniger Bücher und immer mehr andere Waren, die dort verkauft werden. Der große Verlierer der Digitalisierung sind neben den Buchhandlungen die wissenschaftlichen Bücher. In vielen Wissenschaften hat das Buch kaum mehr Relevanz. Es zählen nur Veröffentlichungen in bestimmten Journalen.
Beger: Die Antiquariate sterben bereits. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung kommt zu dem Ergebnis: Ein Buch zu kaufen ist nicht mehr attraktiv, und es werden auch weniger Bücher verschenkt. Noch ist der Einbruch nicht erschreckend, aber er vollzieht sich kontinuierlich.
Schauen wir dem Feind ins Gesicht: Wie böse ist Amazon? Dem klassischen Buchhandel jagt der Online-Händler Existenzängste ein.
Clement: Amazon hat den Kunden einen Nutzen gegeben, den es vorher nicht gab. Da darf der Handel nicht in Depressionen verfallen, sondern muss kreativ eigene Ideen entwickeln. Wer aber seinen Buchladen so führt, wie er ihn seit Generationen führt, für den wird es wahrscheinlich schlecht ausgehen.
Beger: Amazon hat eben den Puls der Zeit erkannt und ein Geschäftsmodell daraus entwickelt. Der Buchhandel hat verschlafen, selbst diese Infrastruktur aufzubauen. Ich kann mich erinnern, dass wir vor vielen Jahren von der Bibliothek aus sehr häufig mit Buchhandlungen und Verlagen im Gespräch waren, "Tankstellen" aufzubauen, so haben wir das genannt, wenn man sich Inhalte in einer Bibliothek sofort runterladen und kaufen hätte können. Leider ist nichts daraus geworden.
Das vollständige Interview lesen Sie im Hamburger Abendblatt:
Interview: Sind Bücher bald Denkmäler der Vergangenheit?
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