
Die 100 großen Fragen des LebensFrage 8: Was war vor dem Urknall?Auszug aus dem Interview von Marc Hasse/Hamburger Abendblatt
14. April 2018, von Online-Dienste

Foto: Michael Rauhe/Hamburger Abendblatt
Prof. Dr. Jan Louis mit einer Formel, die wesentliche Teile der Stringtheorie enthält. Diese könnte die Voraussetzung dafür schaffen, den Urknall physikalisch zu beschreiben.
Die Frage nach dem Anfang von allem beschäftigt die Menschheit seit jeher. Aber solange niemand eine Zeitmaschine erfindet, müssen Forscher die Kinderstube des Kosmos mühsam rekonstruieren: Hoch empfindliche Teleskope registrieren schwächste Signale aus der Frühzeit des Universums; riesige Teilchenbeschleuniger wie der LHC in Genf simulieren Zustände, wie sie wohl kurz nach dem Urknall herrschten, als alle Teilchen entstanden, die heute bekannt sind; Physiker berechnen, was unmittelbar nach dem Urknall geschehen sein könnte. Dieses Zusammenspiel aus Beobachtung, Experiment und Theorie soll erklären helfen, wie alles begann. Wobei „alles“ ja noch früher begonnen haben müsste als zur Zeit des „Big Bang“ vor 13,8 Milliarden Jahren – oder nicht? Nach Antworten sucht Jan Louis, Professor für theoretische Physik. Der 58-Jährige ist auch Vizepräsident der Universität Hamburg und Initiator der Vortragsreihe „Wissen vom Fass“.
Herr Louis, wollen wir nicht lieber einen Kaffee trinken gehen, statt hier zu sinnieren?
Jan Louis (lacht): Warum?
Wenn der Urknall der Anfang von allem war, wenn also Raum und Zeit erst nach dem Urknall entstanden sind, gab es kein davor – die Frage, was vor dem Urknall war, erübrigt sich dann eigentlich.
Louis: Kommt darauf an. Es ist auf jeden Fall eine sehr interessante Frage. Deshalb möchten wir auch eine Antwort darauf haben.
Betrachten wir zunächst die Urknalltheorie. Warum ist sie so etabliert?
Louis: Die Urknalltheorie geht zurück auf eine Beobachtung im Jahr 1928. Der US-Astronom Edwin Hubble, Namensgeber für das Weltraumteleskop der Nasa, fand damals heraus, dass sich das Universum ausdehnt. Inzwischen ist das vielfach bestätigt worden. Aus dieser Entdeckung folgt, dass der Kosmos früher einmal viel kleiner gewesen sein muss und irgendwann mal ein winziges Etwas war. Nach dem Urknall hat sich das Universum dann in Sekundenbruchteilen exponentiell beschleunigt ausgedehnt.
Nach Berechnungen kam es zu dieser sogenannten Inflation vor 13,8 Milliarden Jahren. Wie gewinnen Forscher denn Erkenntnisse über diese Zeit?
Louis: Früher konnten Astronomen mit Teleskopen nur sichtbares Licht aus dem All auffangen und sich so ein Bild machen. Inzwischen ist die Datenlage immer besser geworden, weil wir mit diversen Instrumenten auch die übrigen Spektralbereiche der elektromagnetischen Strahlung aus dem All auswerten können – von Gamma- und Röntgenstrahlen über Infrarotlicht bis zu Radiowellen. Hinzu kommen Gravitationswellen, die Forscher 2015 zum ersten Mal nachgewiesen haben. Diese winzigen Krümmungen in der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, hatte Albert Einstein 1916 als Konsequenz aus seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Sie eröffnen uns neue Perspektiven auf die Frühzeit des Universums.
Inwiefern?
Louis: Das Universum wurde erst 380.000 Jahre nach dem Urknall durchlässig für Licht und andere elektromagnetische Strahlung, die wir heute empfangen. Gravitationswellen müssten aber schon beim Urknall entstanden sein, sie konnten also von Anfang an den Kosmos durchqueren. Falls wir diese Gravitationswellen beobachten, kommen wir durch ihre Analyse wissenschaftlich ganz nah an den Urknall heran. Für die Beschreibung des Urknalls selbst gibt es zurzeit aber noch keine etablierte Theorie.
Das vollständige Interview lesen Sie im Hamburger Abendblatt:
Interview: Was war vor dem Urknall?
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